Wendepunkt im Medizinprodukterecht?
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
der europäische Gesetzgeber plant eine umfassende Reform des Medizinprodukterechts, eine überfällige und dringend notwendige Initiative. Hersteller wandern ab, Produkte sind in der EU nicht mehr verfügbar und letztlich leiden die Patientinnen und Patienten darunter. Nun besteht die Hoffnung auf spürbare Verbesserungen.
MDCG 2019-11 Revision 1: „it’s complicated“
DOI 10.52778/MPJ-2025-0030
Die Medical Device Coordination Group (MDCG) hat im Sommer 2025 eine lang erwartete Revision ihres Leitfadens zur Qualifizierung und Klassifizierung von Software als Medizinprodukt (MDSW) veröffentlicht. Der überarbeitete Leitfaden MDCG 2019-11 Rev. 1 versucht, Klarheit in die komplexe Welt der MDR-Regel 11 zu bringen, insbesondere für Software der Klasse I. Doch bei genauerer Betrachtung wird deutlich: Es gibt wie so häufig neben Verbesserungen auch Unklarheiten. Dieser Artikel analysiert die Neuerungen, beleuchtet die fortbestehenden, praktischen Dilemmata für Hersteller und Behörden und wagt einen Ausblick auf die dringend notwendigen nächsten Schritte.
eIFU 2025: Neuer Rechtsrahmen, neue Spielräume – was Hersteller jetzt wissen müssen
DOI 10.52778/MPJ-2025-0031
Mit der im Juni veröffentlichten Durchführungsverordnung (EU) 2025/1234 hat die EU-Kommission den Rechtsrahmen für elektronische Gebrauchsanweisungen (eIFUs) deutlich erweitert und vereinfacht. Der Anwendungsbereich umfasst nun alle für den professionellen Einsatz bestimmten Medizinprodukte – einschließlich Legacy Devices – und bringt praxisnahe Anpassungen bei Bereitstellung, Kennzeichnung und Archivierung. Seit Juni 2025 liegt die finale Verordnung vor – mit Chancen, aber auch Umsetzungsfragen, etwa im Umgang mit Benannten Stellen und internationalen Märkten. Hersteller sind nun gefordert, technische, organisatorische und regulatorische Aspekte strategisch zu verzahnen, um den Mehrwert von eIFUs voll auszuschöpfen.
Klinische Bewertungen von „Standard-of-Care“ Medizinprodukten – Herausforderungen, Ursachen und ein Lösungsansatz
DOI 10.52778/MPJ-2025-0032
Die MDR verfolgt das Ziel, die Sicherheit und Leistungsfähigkeit von Medizinprodukten durch valide klinische Evidenz nachzuweisen. Bei „Standard-of-Care“- und „Low-Impact“-Produkten führt dies häufig zu aufwändigen, formal geprägten klinischen Bewertungen, deren Beitrag zur Patientensicherheit mitunter begrenzt ist. Der vorgestellte Ansatz zielt darauf ab, Erkenntnisse aus generischen Produktgruppen mit gezielten nicht-klinischen Tests zu kombinieren, um eine praxisnahe Bewertung der Interaktion zwischen Produkt und menschlichem Körper zu ermöglichen. Auf diese Weise kann ein fundierter technischer Nachweis der Sicherheit und Leistungsfähigkeit erbracht werden, ohne dass unnötig klinische Daten erhoben werden müssen. Eine Anpassung von Art. 61 Abs. 10 MDR zur Berücksichtigung solcher Nachweise könnte die regulatorischen Anforderungen verhältnismäßiger gestalten und den Fokus auf risikorelevante Produkte legen, ohne Kompromisse bei der Patientensicherheit einzugehen.
BGH, Urteil vom 17. Juli 2025 – I ZR 43/24
DOI 10.52778/MPJ-2025-0033
Thema: Unzulässige Werbegabe bei Laienwerbung für Medizinprodukte über 1 € über PAYBACK-Punkte.
LG Hamburg, Urteil vom 27. November 2024 – 325 O 52/24
DOI 10.52778/MPJ-2025-0034
Thema: Kapselfibrose eines Brustimplantates und Produkthaftung.
VG Schleswig, Beschluss vom 27. Januar 2025 – 1 B 7/24
DOI 10.52778/MPJ-2025-0035
Thema: Anforderung an den Sofortvollzug eines gemäß § 78 MPDG verfügten Untersagungsbescheides.