Liebe Leserinnen, liebe Leser,

 

Als das Containerschiff „Ever Given“ kürzlich im Suezkanal auf Grund lief, mussten unzählige Schiffe und mit ihnen wertvolle Waren und Güter im oder vor dem Kanal ausharren. Wahrscheinlich habe nicht nur ich den Kopf geschüttelt und mich gefragt, welchen Herausforderungen in der Versorgung wir eigentlich noch ins Auge blicken müssen. Auf europäischer und nationaler Ebene wird derzeit ohnehin schon intensiv die Rückverlagerung von Produktionsstätten nach Europa diskutiert. Ein weiterer Fokus wird auf die Tätigkeit des Europäischen Zentrums für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) gerichtet, mit dem Ziel, die bisherigen gesetzlichen Vorgaben im Hinblick auf die aktuelle Krise auf europäischer Ebene noch umfassender zu gestalten.

 

Trotz der europäischen Maßnahmen ist aktuell allerdings auch der Trend einzelner Mitgliedstaaten und anderer Länder zur Abgrenzung und teilweise sogar Abschottung nicht zu übersehen. Ich denke, der Grund liegt nicht allein in der Pandemie. Tendenzen zur Abgrenzung und Abschottung einzelner Staaten haben sich schon vor der Pandemie abgezeichnet und sie werden durch diese wahrscheinlich nur beschleunigt. Aber wird damit die Globalisierung ein Auslaufmodell? Ich glaube nicht. Dennoch werden wir zukünftig sicher spürbare Änderungen bei der Zusammenarbeit der Länder und im Hinblick auf den internationalen Handel erfahren. Wir werden alle unser „altes Leben“ nicht zurückbekommen. Die derzeitige Zusammenarbeit der europäischen Mitgliedstaaten fühlt sich für mich genauso an wie der kürzliche Stau am Suezkanal. Mir scheint es, als sei das europäische „Containerschiff “ auf Grund gelaufen und müsste mit einem gemeinsamen Kraftakt wieder in Bewegung gesetzt werden. Aber selbst wenn das europäische Containerschiff wieder fährt: Es muss in der Werft geprüft und überholt werden. Daran bleibt für mich kein Zweifel.

 

Die Artikel in dieser Ausgabe des MPJ schlagen einen beeindruckenden Bogen um nationale und internationale Themenbereiche. In dem zweiten Teil seines Aufsatzes befasst sich Daniel Behr zunächst mit den häufig angeführten Argumenten, die eine Anwendung von Medizinprodukten entgegen ihrer Zweckbestimmung legitimieren sollen (sog. Off-Label-Use). In dem Aufsatz von Ulrich Gassner, Hans-Volkhard Lempp und Elwira Maleika kommt der Post-Brexit-Deal auf den Prüfstand. Die Autoren untersuchen die Auswirkungen des Handels- und Kooperationsabkommens auf den Medizinproduktesektor. Die mit dem Brexit einhergehenden Änderungen in den Bereichen Warenverkehr und geistiges Eigentum beleuchten Nadine Bauer und Stefanie Eich in ihrem Beitrag zu demselben Themenkreis. Das Verhältnis zwischen der EU und der Schweiz wird von Remus Muresan in seinen Überlegungen zur Zulässigkeit der Erschwerung von Importen genauer. Und schließlich setzen sich Florian Tolkmitt, Katharina Neuhäuser und Julia Rohrberg kritisch mit dem Nachweis der Äquivalenz im Rahmen der klinischen Bewertung und auf der Grundlage des europäischen MDCG- Dokuments 2020-05 auseinander.

 

Lassen Sie uns gemeinsam das europäische Containerschiff wieder in Bewegung setzen und generalüberholen. Ich glaube, es lohnt sich. Auch wenn es sich gerade nicht so anfühlt.

 

Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen

 

Heike Wachenhausen