Entscheidungen statt Diskussionen
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
wir erleben gerade turbulente Zeiten. Die durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelöste Pandemie stellt die Weltbevölkerung vor letztlich nicht konkretisierbare Herausforderungen, die sich auf vielen Ebenen zeigen: im privaten Umfeld, im beruflichen Kontext, in allen Wirtschaftszweigen, regional, national und global.
Breaking News: EU wird den Geltungsbeginn der MDR um 12 Monate verschieben
Getrieben durch die dramatischen Folgen der weltweiten Coronavirus-Epidemie hat die Europäische Union quasi Sekunden vor dem Start der Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte (MDR) am 26. Mai 2020 die Reißleine gezogen und im Wege eines eschleunigten Verfahrens die Verschiebung des Geltungsbeginns um 12 Monate beschlossen. Der Beitrag beleuchtet, was dies konkret bedeutet und welche Auswirkungen es haben wird.
Kartellrecht: Wo liegt der Fokus der Kartellbehörden im Medizinproduktesektor?
Der Aufsatz fasst die für Medizinproduktehersteller relevanten Grundlagen des Kartellrechts sowie die Entscheidungspraxis von Kartellbehörden und Gerichten zusammen und bietet so Orientierungshilfe für kartellrechtlich zulässiges Verhalten. Dies ist umso wichtiger, als den Unternehmen im Falle eines Kartellrechtsverstoßes weitreichende Konsequenzen drohen – insbesondere in Form hoher Bußgelder oder Schadensersatzansprüchen durch Wettbewerber, Abnehmer etc.
Marktzugang und Zivilrecht: Die Konformitätsvermutung – Nutzen und Grenzen
Die Konformitätsvermutung erleichtert Medizinprodukteherstellern das Inverkehrbringen ihrer Produkte, wenn diese den einschlägigen harmonisierten Normen in der EU entsprechen. Doch auch wenn die Konformitätsvermutung weiterhin von überragender Bedeutung für den Warenverkehr auf dem EU-Binnenmarkt bleiben wird, so kann sich der Hersteller nicht in allen Situationen unbedarft auf ihre unterstützende Wirkung verlassen. Dieser Artikel untersucht, inwieweit die aktuelle politische Entwicklung, das Global Garden-Urteil, das James Elliott-Urteil und nationales Zivilrecht die Reichweite der Konformitätsvermutung beeinflussen.
Umsetzung der MDR: Status quo zu den delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten
Die Umsetzung der MDR wird eine große Herausforderung für die Hersteller von Medizinprodukten. Innerhalb der Übergangszeit müssen die Hersteller viele veränderte und neue Anforderungen für das Inverkehrbringen von Medizinprodukten in der Europäischen Union umsetzen. Hierfür benötigen sie Informationen, die in verschiedenen delegierten Rechtsakten sowie Durchführungsrechtsakten niedergelegt werden sollen. Davon wurden allerdings bislang nur wenige erlassen. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über den Stand Ende März 2020.
Medizinprodukte-Durchführungsgesetz: Ersatz für das nationale MPG
In ihrem Beitrag in Heft 1, 2020 des MPJ (S. 37–43) hat Dr. Angela Graf beleuchtet, welche Auswirkungen die MDR und die nationale Durchführung dieser Vorgaben in Bezug auf klinische Prüfungen von Medizinprodukten haben werden. Der bei Redaktionsschluss vorliegende Entwurf zum Gesetz zur Durchführung unionsrechtlicher Vorschriften betreffend Medizinprodukte (Medizinprodukterecht –Durchführungsgesetz – MPDG) betrifft aber daneben auch diverse andere weitere nationale Vorgaben, die in Ergänzung zur MDR in Deutschland in Zukunft zu beachten sind, u.a. auch eine Reihe spezieller nationaler Regelungen, die der Beitrag vorstellt.
Fortgeltung der MDR fraglich: Die Schweiz im Abseits?
Nach Ende der Übergangsfrist der MDR können Hersteller Medizinprodukte nur noch mit einem EG-Zertifikat erstmalig in den Verkehr bringen, wenn sie nicht die zusätzlichen Übergangsfristen nach Art. 120 MDR in Anspruch nehmen können. Für die Schweizer MedTech-Hersteller ändert sich aber mit diesem Stichtag unabhänig von Art. 120 MDR alles, da das Abkommen über den Abbau technischer Handelshemmnisse (MRA) nicht mehr gültig ist. Damit scheint der Zugang zum europäischen Markt nur noch über eine Drittstattenregelung möglich zu sein, wenn nicht noch ein kleines Wunder geschieht. Der Beitrag untersucht Hintergründe und Auswirkungen.
Medizinprodukte-Überwachung: Systematische, risikogestufte Kontrolle von Betreibern und Herstellern
Seit 2002 haben die Behörden die Möglichkeit, Hersteller und Betreiber von Medizinprodukten anlassunabhängig im Rahmen einer systematischen abgestuften Überwachung zu überprüfen. Dieser Beitrag liefert eine kurze Darstellung der Entwicklung der behördlichen Überwachung von Betreibern und Herstellern und erläutert mögliche Risikokriterien für eine Inspektionsreihenfolge.
BVerwG, Urteil v. 07.11.2019 – 3 C 19.18 Ginkgo Kapseln
Thema: Bei der Einstufung eines stofflichen Produktes als Funktionsarzneimittel ist die pharmakologische Wirkung substantiiert darzulegen und zu beweisen. Die bloße Möglichkeit einer pharmakologischen Wirkung ist nicht ausreichend und eine solche entscheidet bei der Gesamtbetrachtung nicht allein über die Kategorie eines Arzneimittels.
OVG NRW, Urteil vom 26.09.2019 – 13 A 3290/17 – Kategorie des Präsentationsarzneimittels bei einem Medizinprodukt
Thema: Die Abgrenzung zwischen Medizinprodukten und Arzneimitteln ist ständig Gegenstand der Rechtsprechung, insbesondere auch des OVG NRW, da es über die Zuständigkeitsregelungen für alle Entscheidungen des BfArM gemäß § 13 MPG bzw. § 21 Abs. 4 AMG zuständig ist. Vorliegend ging es um ein Nasenspray, das adstringierende Effekte zeigte und so zur Behandlung bei Schnupfen Anwendung finden sollte.
OVG Niedersachsen, Urteil vom 17.12.2019 – 13 LB 135/19 – Keine transnationale Wirkung der behördlichen Befugnisse aus § 27 MPG
Thema: Trotz der europäischen Harmonisierung des Medizinprodukterechts ermöglichen es die verwaltungsrechtlichen Ermächtigungen in §§ 25 ff. MPG den deutschen Behörden nicht, Verwaltungsakte mit transnationaler Wirkung für den Europäischen Wirtschaftsraum ohne das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland auszusprechen.